Später erfährt man schnell, „was man hätte besser machen können“ beim Verkauf seines Eigenheims, seiner Eigentumswohnung oder beispielsweise des geerbten Mehrfamilienhauses. Aus Erfahrung anderer kann man buchstäblich „klug“ werden und sich vor steuerlichen und damit finanziellen Nachteilen schützen.
Starten wir mit der Einkommensteuer und der Frage, inwieweit Gewinne und Verluste aus dem Verkauf einer Immobilie steuerlich zu berücksichtigen sind. Wurde die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so liegt kein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vor. Damit wäre hier bereits das Thema „Einkommensteuer“ für den Betroffenen erledigt.
Wie schaut es jedoch bei einem Zweifamilienhaus aus, dass zum Teil selbst genutzt (Erdgeschosswohnung) und zum Teil vermietet wurde (Dachgeschosswohnung)? In diesem Fall ist der Veräußerungsvorgang in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil aufzuteilen. Bei zwei gleichgroßen Wohnungen (Aufteilung nach Wohnfläche) wären 50 % des Veräußerungsgewinnes oder ggf. Verlustes steuerlich zu berücksichtigen. Hierzu ein vereinfachtes
Beispiel:
Der Verkaufserlös nach Abzug der Veräußerungskosten (Anzeigen, Makler) für das 2-Familienhaus im Jahre 2016 mit zwei gleich großen Wohnungen beträgt 300.000 €. Das Haus wurde im Jahre 2011 zum Preis von 230.000 € inkl. Anschaffungsnebenkosten angeschafft. Der Veräußerungsgewinn beträgt damit 70.000 €. Hiervon entfallen auf die vermietete Wohnung 35.000 € (50 %). Hinzuzurechnen sind noch die im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung für die Mietwohnung geltend gemachten Abschreibungen (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG). Über den Vermietungszeitraum von 2011 bis 2016 wurden insgesamt 11.000 € an Abschreibungen steuermindernd geltend gemacht. Der anteilige Veräußerungsgewinn wird damit von 35.000 € auf 46.000 € erhöht. Bei einer Steuerbelastung (Einkommensteuer, Soli, Kirchensteuer) von 35 % führt dies zu einer Steuerbelastung von 16.100 € auf den Immobilienverkauf als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EStG.
Die erste hier beschriebene Befreiungsvorschrift umfasst die, für eigene Wohnzwecke genutzte Immobilie.
Wichtig: Die Nutzung eines Wohnraumes als Arbeitszimmer fällt nicht unter diese Definition. Dies unabhängig davon ob die Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Werbungskosten oder Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht wurden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG). Der Beispielfall lässt sich auch auf ein Einfamilienhaus leicht abändern. Im Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 140 qm wird ein Raum als Arbeitszimmer mit einer Fläche von 28 qm (20 %) beruflich genutzt. Von dem Veräußerungsgewinn (erstes Beispiel) von 70.000 € fallen demgemäß 14.000 € (20 %) auf das steuerpflichtige Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 Abs. 1 EStG. Hinzuzurechnen sind noch die im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung für das Arbeitszimmer geltend gemachten Abschreibungen (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG). Über den Nutzungszeitraum als Arbeitszimmer von 2011 bis 2016 wurden insgesamt 4.400 € an Abschreibungen steuermindernd geltend gemacht. Der anteilige Veräußerungsgewinn wird damit von 14.000 € auf 18.400 € erhöht. Bei einer Steuerbelastung (Einkommensteuer, Soli, Kirchensteuer) von 35 % führt dies zu einer Steuerbelastung von 6.440 € auf den Immobilienverkauf als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EStG.
Tipp: Hier ist es im Einzelfall vorteilhafter, keinen Wohnraum ausschließlich als Arbeitszimmer zu nutzen. Wird das Arbeitszimmer gleichzeitig als Bügelraum oder Gästezimmer genutzt, sind zwar die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, aber der Veräußerungsgewinn bleibt insgesamt steuerfrei.
Eine weitere Befreiungsvorschrift ist die sogenannte Zehnjahresfrist gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Liegt zwischen der Anschaffung (Datum Kaufvertrag) und der Veräußerung (Datum Kaufvertrag) ein Zeitraum von mehr als 10 Jahren (10 Jahre und 1 Tag!) und befindet sich die Immobilie im Privatvermögen, so liegt kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor. Wurde die Immobilie im Rahmen der Erbfolge oder Schenkung erworben, so gilt das Erwerbsdatum des Rechtsvorgängers (Fußstapfentheorie gem. § 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Erfolgte der Erwerb der Immobilie im Rahmen einer Erbauseinandersetzung unterscheidet die Rechtsprechung zwischen einer Realteilung ohne Ausgleichszahlung und Zuteilung eines Wirtschaftsgutes mit Ausgleichszahlung. Die steuerlichen Folgen sind hier im Einzelfall zu prüfen.
Werden im Rahmen eines Erbfolge oder Schenkung auch auf der Immobilie lastende Schulden übernommen, so handelt es sich um einen teilentgeltlichen Erwerb. Für den teilentgeltlichen Erwerb beginnt mit Schuldübernahme eine neue Zehnjahresfrist. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Auch der Erwerb des Anteils der Immobilie vom geschiedenen Ehegatten stellt ein Anschaffungsgeschäft dar und führt für den Anteil zum Lauf einer neuen Zehnjahresfrist.
Betrachten wir uns hierzu ein Praxisbeispiel:
Die Eheleute Müller besitzen je zur Hälfte seit 2003 eine an fremde Dritte vermietete Eigentumswohnung. Im Rahmen der Scheidungsfolgevereinbarung erwarb Herr Müller den hälftigen Anteil an der Wohnung im Jahr 2014 zum Wert von 120.000 €. Der Kaufpreis wurde gegen die Übertragung einer anderen Immobilie aufgerechnet. Mit Blick auf die Notarkosten etc. und aufgrund der Einigkeit der Eheleute, wurden die Objektwerte möglichst niedrig angegeben. Rückblickend betrachtet lag diese wohl deutlich unter dem Marktwert, denn im Jahre 2015 veräußerte Herr Müller die Eigentumswohnung zum Marktpreis von 300.000 €. Für seinen hälftigen im Jahre 2003 erworbenen Anteil greift die Zehnjahresfrist. Für den im Jahr 2014 von seiner geschiedenen Frau erworbenen Anteil ist der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Dieser beträgt 50 % des Differenzbetrages zwischen dem Verkaufspreis von 150.000 € (50 % von 300.000 €) und der Anschaffungskosten von 120.000 € für den hälftigen Anteil im Jahre 2014. Zu den 30.000 € werden noch die im Rahmen der Vermietung im Jahre 2014/2015 geltend gemachten hälftigen Abschreibungen gerechnet.
Tipp: Soll der Verkauf innerhalb der Zehnjahresfrist vermieden werden, so besteht die Alternative dem Erwerber ein Erbbaurecht einzuräumen und den Grundstücksverkauf nach Ablauf der Zehnjahresfrist durchzuführen. Die Einräumung eines Erbbaurechts stellt keine Veräußerung, sondern nur die Begründung eines Nutzungsrechts dar. Die Begründung eines Nutzungsrechts führt nicht zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EStG (BFH vom 12.7.2007, AZ X R 4/04). Wird hingegen ein Erbbaurecht veräußert, fällt die Veräußerung, wie beim Verkauf unter die Regelungen des §23 EStG und damit unter die Zehnjahresfrist.
An dieser Stelle ein, zumindest für den Erwerber, wichtiger Exkurs zur Grunderwerbsteuer. Beim Verkauf einer Immobilie sollten Werte die im Gesamtkaufpreis enthalten sind, aber nicht in die Bemessungsgrundlage zur Grunderwerbsteuer gehören, separat ausgewiesen werden. Dies spart Geld! Standardeinbaumöbel wie Küche, Sauna, Kamin, Markise oder Möbel/Gartenmöbel werden von der Grunderwerbsteuer nicht erfasst. Das gleiche gilt für bewegliches Zubehör wie Maschinen (Rasenmäher etc.) aber auch gelagertes Baumaterial oder ähnliche Sachen die nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Auch das mit der Eigentumswohnung erworbene Guthaben aus der Instandhaltungsrücklage fällt nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Exakte steuerliche Überlegungen sind beim Verkauf der auf dem Gebäude befindlichen Photovoltaikanlage anzustellen (Umsatzsteuer, Restwert etc.).
Ein weiteres rechtlich brisantes und in Einzelfällen ein komplexes Risiko beim Verkauf von Immobilien ist die Frage, ob es sich bei dem geplanten Verkauf der Immobilie tatsächlich um ein privates ggf. steuerfreies Veräußerungsgeschäft oder um einen unternehmerischen gewerblichen Grundstückshandel mit allen steuerlichen Konsequenzen handelt. Wann sind solche Überlegungen anzustellen? Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen inkl. dem Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften haben grundsätzlich vermögensverwaltenden und keinen gewerblichen Charakter. Dies auch bei erheblichem Grundbesitz und einem dementsprechenden Verwaltungsaufwand. Auch die Vermietung der Immobilie für gewerbliche Zwecke führt hier zu keiner anderen Betrachtungsweise (BFH-Urteil vom 21.8.1990, BStBl 1991 II. S.126 / BMF-Schreiben vom 3.3.2015 GZ: IV C 1 – S 1980-1/13/10007:003). Eine aktive unternehmerische Tätigkeit als Grundstückseigentümer liegt nach Auffassung des BMF auch nicht vor, wenn ein häufiger Mieterwechsel stattfindet, eine Umsatzmiete vereinbart wird, Zusatzleistungen/Nebenleistungen wie beispielsweise die Energieerzeugung mittels Photovoltaikanlage erbrachten werden etc.
Der Bereich der Vermögensverwaltung wird verlassen, wenn Grundstücke mit dem Ziel erworben werden, diese kurzfristig weiter zu vermarkten. Beispielsweise der Ankauf eines alten Gründerzeitmehrfamilienhauses mit dem Ziel das Gebäude zu sanieren, in Eigentumswohnungen aufzuteilen um diese dann weiter zu veräußern. Es kommt nach herrschender Rechtsprechung auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Steht die Erzielung von Miet-/Pachterträgen (Fruchtziehung) aus zu erhaltenen Substanzwerten oder steht vielmehr die Steigerung und Verwertung substanzieller Vermögenswerte im Vordergrund. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) ist bei einem Ankauf einer Immobilie mit der bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Absicht diese ganz oder parzelliert, bebaut und unbebaut weiter zu verkaufen (Substanzverwertung), um hieraus Einkünfte zu erzielen, von einem gewerblichen Grundstückshandel und nicht von einer Vermögensverwaltung mit der Absicht der Fruchtziehung (Miet- und Pachteinkünfte) auszugehen.
Merkmale für einen gewerblichen Grundstückshandel sind u.a. der Verkauf eines Objektes vor der Bebauung / Sanierung, die Bebauung nach speziellen Vorgaben des späteren Käufers und der Verkaufsauftrag an einen Makler im Zeitpunkt der Bebauung. Je größer der zeitliche Abstand zwischen Erwerb bzw. Errichtung und Veräußerung bzw. je länger der Verwertungszeitraum ist, umso konkreter müssen jedoch die besonderen Umstände sein, die auf einen einheitlichen Betätigungswillen schließen lassen. Hierzu gehören u.a. ständige Verkaufsbemühungen wie Anzeigen etc. und Teilverkäufe (siehe hierzu: BFH XI R 7/02 BStBl II, 2004, S. 738, BFH in BFH/NV 1996, 466; BFH-Beschluss vom 21. Juni 1996 VIII B 87/95, BFH/NV 1996, 897).
Als ein Indiz für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels gilt nach dem BFH-Beschluss vom 10.12.2001, BStBl 2002 II S. 291 die „Drei-Objekt-Grenze“. Die „Drei-Objekt-Grenze“ setzt einen zeitlichen Zusammenhang von fünf Jahren zwischen dem Ankauf und dem Verkauf eines Objekts (jedes Grundstücksgeschäft) voraus. Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich. Die „Drei-Objekt-Grenze“ wird häufig fehlinterpretiert. Natürlich kann es vorkommen, dass Immobilieneigentümer mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren verkaufen und allein aus diesem Grunde nicht von einem „gewerblichen Grundstückshandel“ auszugehen ist. „Innerhalb von fünf Jahren“ bedeutet, dass der Ankauf- und der Verkauf der Immobilie in diesem Zeitraum stattfindet. Für jeden einzelnen Grundstückverkauf des betroffenen Steuerpflichtigen ist somit zu überprüfen, ob dieser Verkauf als Zählobjekt bei der Beurteilung der „Drei-Objekt-Grenze“ mitzurechnen ist. Als Zählobjekte kommen alle bebauten und unbebauten Grundstücke, Einheiten von Wohn- und Teileigentum, Erbbaurechte oder Anteilen an Grundstückgemeinschaften/Gesellschaften (mind. 10%) in Frage. Selbstgenutzte „Zählobjekte“ oder Zählobjekte deren Anschaffung außerhalb des Fünfjahreszeitraums liegt bleiben jedoch unberücksichtigt, soweit keine anderen Merkmale für einen gewerblichen Grundstückshandel sprechen.
Wird seitens der Finanzverwaltung ein gewerblicher Grundstückshandel erkannt, so sind die Fragen zu klären zu welchem Zeitpunkt er begonnen hat und ab welchem Zeitpunkt er ggf. wieder eingestellt wurde. Der Beginn orientiert sich an den ersten Vorbereitungshandlungen. Das Ende liegt beim Verkauf des letzten Objekts. Das nachträgliche Erkennen des gewerblichen Grundstückshandels für verfahrensrechtlich zu einem „rückwirkenden Ereignis“. Dies mit der Folge, dass beispielsweise bei Überschreiten der drei Objektgrenze mit dem Verkauf des vierten Objekts für die davorliegenden vier Jahre die Steuerbescheide geändert werden können (§175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Insoweit sollten im Vorfeld steuerliche Risiken bedacht werden.
An dieser Stelle nicht betrachtet wurden die umsatzsteuerlichen Problemfelder, soweit zur Umsatzsteuer optiert wurde. Dies sollte im konkreten Einzelfall überprüft werden.
14.4.2016
Autor: Dieter P. Gonze, Steuerberater