Unfallversicherung – Steuerliche Behandlung von Beiträgen (Versicherungsprämien) und Leistungen

1. Die gesetzliche Unfallversicherung

Grundlage der gesetzlichen Unfallversicherung ist das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Sie gehört als Pflichtversicherung zur gesetzlichen Sozialversicherung. Versichert sind Gesundheitsschäden, die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Versichert sind Arbeitnehmer und Auszubildende sowie besondere Personengruppen. Unternehmer können sich freiwillig versichern, soweit sie nicht bereits gesetzlich pflichtversichert sind. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften. Infos zur gesetzlichen Unfallversicherung im Internet unter Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung .

Die vom Arbeitgeber zu leistenden Beiträge/Versicherungsprämien sind als Betriebsausgaben abzugsfähig und führen beim Arbeitnehmer nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (vergl. § 3 Nr. 62 EStG).

Die Versicherungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind steuerfrei (§ 3 Nr. 1a EStG). Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG) unterliegen. Die Leistungen bleiben zwar steuerfrei, erhöhen jedoch den Steuersatz für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte. Der Gesetzgeber behält sich die Steuerprogression nach den Gesamteinkünften vor. Welche Einkünfte unter den Progressionsvorbehalt fallen ist abschließend in der Gesetzesvorschrift (§ 32b EStG) aufgeführt. Hierzu zählt auch das Verletztengeld. Das Verletztengeld ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung analog zum Krankengeld und wird gewährt solange der Betroffene infolge eines Arbeitsunfalls – nach den Vorschriften der Krankenversicherung – arbeitsunfähig ist. Für die Anwendung des Progressionsvorbehaltes ist es unbedeutend, ob die Leistung in Form eines Einmalbetrages oder einer monatlichen Teilzahlungen erfolgt. Bei der Unfallrente handelt es sich nicht um Verletzten-/Krankengeld. Die Unfallrente unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Die durch die Berufsgenossenschaften teilweise angebotenen Abfindungsmöglichkeiten von Ansprüchen aus der Unfallrente durch Einmalzahlung führen u. E. zu keiner anderen steuerlichen Betrachtung. Die Abfindungszahlung teilt das gleiche Schicksal wie die Rente und verbleibt damit steuerfrei.

2.    Die durch den Arbeitgeber finanzierte freiwillige Unfallversicherung

Arbeitgeber können die beruflich bedingten Unfallrisiken, wie die erhöhte Teilnahme am Straßenverkehr bei einer Auswärtstätigkeit oder auch die sonstigen nicht außergewöhnlichen Gefahren eines Unfalls zusätzlich absichern. Der Arbeitnehmer kommt so in den Genuss eines steuerfreien Tarifrabattes aus einer Gruppenunfallversicherung.

Soweit die Versicherung ausschließlich den beruflichen Anteil (Versicherung gegen reine Berufsunfälle) betrifft, bleiben die Beiträge steuer- und sozialversicherungsfrei. Handelt es sich um eine Unfallversicherung, die den beruflichen und den privaten Lebensbereich umfasst, sind steuerlich zwei Fälle zu unterscheiden:

Fall 1 – Der Arbeitgeber schließt eine Unfallversicherung auf seinen Arbeitnehmer zu seinen Lasten und zu seinen Gunsten ab. Der Arbeitgeber ist also Versicherungsnehmer, zahlt die Versicherungsprämie und erhält auch die etwaigen Leistungen aus der Versicherung im Schadensfall. Der Arbeitnehmer (Versicherter) kann in diesem Fall keine Ansprüche unmittelbar an die Versicherung stellen. Es handelt sich um einen Vertrag ohne Direktanspruch.

Der Arbeitgeber kann die Versicherungsbeiträge als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen. Die Versicherungsbeiträge führen damit zu diesem Zeitpunkt auch nicht zu steuer- und sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn.

Auszahlungen der Versicherung an den Arbeitgeber im Leistungs-/Schadensfall sind beim Arbeitgeber steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Erfolgt im Leistungsfall die Weitergabe der Versicherungsleistung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, sind diese beim Arbeitgeber Betriebsausgaben. Beim Arbeitnehmer sind nachträglich die bis dato gezahlten Versicherungsprämien als Arbeitslohn zu versteuern. Dies jedoch begrenzt auf die Höhe der, an den Arbeitnehmer ausgezahlten Versicherungsleistung.

Bei einer Gruppenunfallversicherung sind die Beitragsanteile des betroffenen Arbeitnehmers im Zweifelsfall sachgerecht zu schätzen. Aus Vereinfachungsgründen können hierbei 20 % der Aufwendungen als steuerfreier Reisekostenersatz (bei Auswärtstätigkeiten 40 % / R. 9.4 Abs. 2 LStR. 2008) behandelt werden. Weitere 30 % können dann vom Arbeitnehmer als Werbungkosten geltend gemacht werden. Die Regelung gilt unabhängig davon, ob es sich um einen beruflich- oder privatbedingten Unfall handelt. So hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in seinem Schreiben vom 28.09.2009 (Az. IV C 5-S2332/09/10004, BStBl I S. 1275) entschieden und folgte damit dem hierzu ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH v. 11.12.2008 VI R 9/05, BstBÖ 2009 II S. 385). Es spielt hierbei keine Rolle, ob sich der Unfall im beruflichen Bereich oder im privaten Bereich des Arbeitnehmers ereignete.

Fazit: Für Verträge ohne Direktanspruch bleiben beim Arbeitnehmer die Beitragszahlungen bis zum Leistungsfall steuerfrei. Es erfolgt im Leistungsfall eine nachgelagerte Besteuerung der Beitragszahlungen. Dies ggf. unter Berücksichtigung eines bis zu 50-prozentigen Werbungskostenabzugs.

Fall 2 – Der Arbeitgeber schließt eine Unfallversicherung für seinen Arbeitnehmer ab. Der Arbeitnehmer hat im Leistungsfall einen Direktanspruch an die Versicherung. In diesem Fall sind die Versicherungsbeiträge (Prämienzahlungen) zum Zahlungszeitpunkt wie Arbeitslohn zu versteuern (steuer- und sozialversicherungspflichtig). Soweit keine Pauschalversteuerung erfolgt, kann der Arbeitnehmer die Beitragsanteile als Werbungkosten (50 %) und Sonderausgaben steuermindernd geltend machen.

Die Auszahlung im Leistungsfall bleibt steuerfrei, soweit es sich um Schmerzensgeld/Invaliditätseinmalzahlung etc. handelt. Ersatz für Arbeitslohn (entgangene Einnahmen) werden wie Arbeitslohn besteuert.

Hinweis: Alternativ kann für die Besteuerung der Versicherungsprämie auch die im Regelfall günstigere Pauschalversteuerung gewählt werden. Damit werden 20 % pauschale Lohnsteuer auf die Versicherungsprämie gezahlt. Dies funktioniert unkompliziert, soweit der Durchschnittsbeitrag der Versicherungsprämie (Anteil für den privaten Versicherungsschutz) je Mitarbeiter im Jahr höchstens 62 € beträgt. Der Prämienanteil des privaten Versicherungsschutzes kann aus Vereinfachungsgründen mit 50 % angesetzt werden.

Tipp: Die Versteuerung der Versicherungsprämien als Arbeitslohn ist ungünstig. Schließlich handelt es sich um eine Risikoabsicherung. Hier kommt es in den meisten Fällen zu keiner Versicherungsleistung. Aus diesem Grunde ist die Variante nach „Fall 1“, d.h. Gruppenunfallversicherung ohne Direktanspruch des Arbeitnehmers, die steuer- und sozialversicherungsrechtlich günstige Lösung. Der Abschluss einer teuren privaten Unfallversicherung aus bereits versteuerten Geldmitteln kann durch den Abschluss einer günstigen Gruppenunfallversicherung als steuerfreie Arbeitgeberleistung vermieden werden.

Handlungsempfehlung: Im Einzelfall sollten Arbeitgeber mit ihrem steuerlichen Berater und in Abstimmung mit ihren Arbeitnehmern prüfen, ob eine bestehende Versicherung mit Direktanspruch des Arbeitnehmers – zur Ausnutzung der steuerlichen Vorteile – nicht abgeändert werden kann.

3.    Die private Unfallversicherung

Die Beiträge für eine private Unfallversicherung sind in einen beruflichen und privaten Anteil aufzuteilen vgl. BFH-Urteil vom 22.06.1990, VI R 2/87, BStBl 1990 II S. 901). Handelt es sich – üblicherweise – um eine Versicherung gegen Berufs- und Freizeitunfälle, kann aus Vereinfachungsgründen von einem 50-prozentigen beruflichen Anteil ausgegangen werden (vergl. BMF v. 28.10.2009 AZ IV C 5 – S 2332/09/10004 Ziffer 1.3). Der berufliche Anteil ist als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig. Der private Anteil kann im Rahmen des Höchstbetrages für die Basisversorgung (ist im Normalfall bereits ausgeschöpft) als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Dies gilt jedoch nicht für Versicherungsverträge mit Anspruch auf Beitragsrückgewähr (UBR). In diesen Fällen sind der Sonderausgaben- und Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung sind steuerfrei, soweit es sich um Schadenersatz für körperliche Beeinträchtigungen handelt (z.B. Schmerzensgeld, Invaliditätssumme). Die Unfallrente aus der privaten Unfallversicherung wird in Höhe des Ertragsanteils besteuert. Lohnersatzleistungen (Ausfall für entgangenen Lohn) werden wie der Arbeitslohn besteuert.

Autor: Dieter P. Gonze, Stb.

28. 3.2011

Quelle:  BMF-Schreiben vom  28.10.2009 AZ IV C 5 – S 2332/09/10004 Ziffer 1.3

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