Nach der Verteuerung der fossilen Energien aufgrund der Energiepolitik der Bundesregierung sowie der Forcierung der Nutzung von anderen Energiequellen werden die steuerlichen Fördermöglichkeiten immer wieder geändert. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auf die bereits im Jahr 2022 eingeführte Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen durch den § 3 Nr. 72 EStG. Die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 S. 1 EStG gilt für natürliche Personen, BGB Gesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften und juristische Personen wie GmbHs oder AGs.
Gefördert werden alle Photovoltaikanlagen auf oder an Gebäuden – insbesondere auch das kleine Balkonkraftwerk. Anlagen auf Freiflächen werden hier nicht gefördert. Es kommt nur auf die Art des Gebäudes und die maximale maßgebliche Leistung der Anlage in Peak KW an. Jedes Gebäude wird gesondert betrachtet.
Erstens gelten die folgenden Leistungsgrenzen für die Anlagen: Für ein Einfamilienhaus (30 kW (peak)), für ein Wohnzwecken dienendes Zwei-/Mehrfamilienhaus (15 kW (peak) je Wohneinheit), für eine gemischt genutzte Immobilie (15 kW (peak) je Wohn-/Gewerbeeinheit), für ein nicht Wohnzwecken dienendes Gebäude, z. B. Gewerbeimmobilie mit einer Gewerbeeinheit, Garagengrundstück (30 kW (peak)), für eine Gewerbeimmobilie mit mehreren Gewerbeeinheiten (15 kW (peak) je Gewerbeeinheit). Tipp: Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der PV-Anlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Anlage befindet.
Zweitens ist zu prüfen, ob die 100 kW (peak)-Grenze eingehalten wurde. Dabei sind die Leistungen aller nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigten PV-Anlagen zu addieren.
Tipp: Ist ein Steuerpflichtiger, der eine begünstigte PV-Anlagen betreibt, daneben an einer Gesellschaft beteiligt, die PV-Anlagen betreibt, sind die von der Gesellschaft betriebenen Anlagen bei der Prüfung der 100 kW (peak)-Grenze nicht anteilig zu berücksichtigen.
Die 100 kW(peak)-Grenze ist eine Freigrenze. Wenn diese überschritten wird, wird die Steuerbefreiung für alle Anlagen also insgesamt versagt.
Von der Steuerbefreiung werden Einnahmen und Entnahmen unabhängig von der Verwendung des von der PV-Anlage erzeugten Stroms umfasst. Zu den Einnahmen gehören insbesondere die Einspeisevergütung, Entgelte für anderweitige Stromlieferungen (z. B. an Mieter), Vergütungen für das Aufladen von Elektro-/Hybridelektrofahrzeugen, Zuschüsse und bei der Einnahme-Überschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.
Weitere Steuerbegünstigungen bleiben teilweise erhalten. Darf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG angewendet werden, wird unterstellt, dass die Anlage ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Unter den Voraussetzungen des § 35a EStG können die Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerdienstleistungen gewährt werden.
Investitionsabzugsbeträge (IAB), die in vor dem 1.1.22 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31.12.21 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte PV-Anlagen investiert wurde. Aufgrund der großen Änderungen durch die Steuerbefreiung und die Einführung eines Nullsteuersatzes für die Lieferungen der Anlagen sind weitere Fragestellungen zu berücksichtigen. Dazu zählen: Mögliche Betriebsausgabenabzugsverbote (§ 3c Abs. 1 EStG), Herausforderungen bei der Übertragung oder Überführung einer PV-Anlage zu Buchwerten, um nur einige zu nennen. Durch die Steuerfreiheit, die steigenden Energiekosten und für die Herausforderungen der e-Mobilität lohnt sich die Prüfung der Steuerbefreiung, solange die Anschaffungskosten der Anlagen sich in Grenzen halten.
12.02.2024
Autor:
Stefan Lorenz
Dipl. Volkswirt
Wirtschaftsprüfer