Die Besteuerung in Deutschland bestimmt sich nach der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Dies erfolgt u.a. durch Ansatz des Grundfreibetrags und einer Proportionalzone im Einkommensteuertarif. Bestimmte steuerfreie Einkünfte erhöhen die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Dementsprechend unterliegen die in Deutschland steuerfreien ausländischen Einkünfte dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Dies bedeutet, der Staat behält sich die Steuerprogression, d.h. den Steuersatz vor, den er für die Einkünfte insgesamt ansetzen würde und wendet diesen so ermittelten Prozentsatz auf das steuerpflichtige Einkommen an. Damit bleiben die steuerfreien Einkünfte steuerfrei. Die steuerpflichtigen Einkünfte werden jedoch zu einem höheren Steuersatz besteuert, als wenn dies die einzigen verfügbaren Einkünfte des Bürgers wären.
Im Einzelnen wird auf den Wortlaut der Gesetzesvorschrift verwiesen: § 32b EStG
Typische zu berücksichtigende steuerfreie Einkünfte beim Progressionsvorbehalt und Besonderheiten hierzu:
Ausländische Einkünfte, die nicht der deutschen Steuer unterliegen
Die Ermittlung der Einkünfte erfolgt nach inländischem Steuerrecht. Werbungskosten sind zu einkommensmindernd zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag gem. § 9a EStG ist zu berücksichtigen soweit er nicht bei inländischen Arbeitnehmereinkünften bereits verbraucht wurde.
Ausnahme vom Progressionsvorbehalt bei ausländischen Einkünften in bestimmten Fällen:
Aus einem zwischenstaatlichen Abkommen geht hervor, dass die Einkünfte nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen (Beispiel: DBA, Nato-Truppenstatut).
Dies gilt nicht, bei unbeschränkt Steuerpflichtigen.
Beispiel – 1:
US-Amerikaner erzielt Einkünfte aus seiner Armeetätigkeit
Die Einkünfte sind in Deutschland steuerfrei und unterliegen gem.
Art. X Abs.1 Satz 1 NATO-Truppenstatut auch nicht dem Progressionsvorbehalt.
Der US-Amerikaner ist bei weiteren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig.
Beispiel – 2:
US-Amerikaner ist in Deutschland verheiratet und lebt mit seiner Familie außerhalb der amerikanischen Kaserne/Housing Area. Die deutsche Ehefrau erzielt Einkünfte aus Arbeitslohn bei einem inländischen Arbeitgeber. Der Aufenthalt des US-Amerikaners ist nicht alleine auf die Zugehörigkeit zur Armee zurückzuführen (Rückkehr nach USA nicht geplant) und ist aufgrund der familiären Verhältnisse und Zukunftsplanung im Inland begründet.
Beide sind unbeschränkt steuerpflichtig und es kommt eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer gem. § 26 EStG in Betracht. Die Armeeeinkünfte bleiben steuerfrei, (Art. 19 DBA USA) unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt gem. § 32b, da die Befreiungsvorschrift des NATO-Truppenstatus hier nicht zur Anwendung kommt. (vergl. BFH 2005 IV R 47/04, BFH 15.5.1971 I R 55/69 BStBl II 1971, 659 ).
Ist eine ausländischer Nato-Armeeangehöriger mit einer Inländerin verheiratet und bewohnt er mit dieser im Inland eine gemeinsame Wohnung, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs davon auszugehen, daß er sich nicht „nur“ als Mitglied der Truppe im Inland aufhält, sondern auch mit Rücksicht auf die Eheschließung mit dem im Inland wohnhaften und ggf. dort berufstätigen Ehegatten.
Vergleiche hierzu OFD-Frankfurt v. 03.01.2012 – S 2295 A – 25 – St 513:
„Nicht deutsche Mitglieder und technische Fachkräfte der ausländischen Streitkräfte und deren nicht deutsche Ehegatten und Kinder begründen in Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, wenn ihre Anwesenheit im Inland allein auf dem Umstand beruht, dass einer der Ehegatten bei den Streitkräften beschäftigt ist. Dieser Personenkreis ist als beschränkt steuerpflichtig anzusehen, soweit (neben den nach dem NATO-Truppenstatut steuerfreien Einkünfte) andere inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG vorliegen.
Diese Regelung gilt nicht für Familienangehörige der ausländischen Streitkräfte, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Diese Familienangehörigen sind dann unbeschränkt steuerpflichtig.
Hält sich ein Mitglied der ausländischen Streitkräfte nicht ausschließlich aufgrund der Tätigkeit bei den Streitkräften im Inland auf, so findet die Wohnsitzfiktion des NATO-Truppenstatuts keine Anwendung. Bei Anwendung des Progressionsvorbehalts ist daher Folgendes zu beachten:
Beim Wechsel der Steuerpflicht eines NATO-Angehörigen (z. B. durch Beziehen einer Familienwohnung außerhalb der Kaserne) im Laufe eines Kalenderjahres unterliegen sämtliche Einkünfte aufgrund der NATO-Zugehörigkeit sowie ggf. weitere ausländische Einkünfte dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Bei ganzjähriger unbeschränkter Steuerpflicht eines Mitglieds der NATO-Streitkräfte findet nicht das NATO-Truppenstatut, sondern das jeweilige DBA Anwendung. Die NATO-Bezüge sind hiernach i. d. R. als solche aus öffentlichen Kassen von der deutschen Einkommensteuer befreit, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Bei einer Antragsveranlagung nach § 1 Abs. 3 und/oder § 1a EStG unterliegen die NATO-Einkünfte dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG.“
- Arbeitslosengeld
- Kurzarbeitergeld
- Winterausfallgeld
- Insolvenzgeld
- Übergangsgeld
- bestimmte Unterhaltsgelder
- Krankengeld
Hinweis: Dies umfasst das Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenkasse und nicht aus einer privaten Krankentagegeldversicherung.
- Versorgungskrankengeld
- Mutterschaftsgeld / Elterngeld
- Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
- Verletztengeld
Die Vorschrift des § 32b EStG enthält eine abschließende Aufzählung aller dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte. Soweit Einkünfte dort nicht aufgeführt sind, unterliegen sie nicht dem Progressionsvorbehalt.
Einkünfteermittlung bei Einkünften die dem Progressionsvorbehalt unterliegen!
In der Praxis wird hier häufig der Abzug der (im Ausland entstandenen) Werbungskosten, des Versorgungsfreibetrags, die ganze oder teilweise Steuerfreiheit der Einkünfte (§ 3 EStG) oder die begünstigte Besteuerung (z.B. des Ertragsanteils) übersehen. Die Einkünfte werden nach deutschem Steuerrecht ermittelt, auch wenn sie im Ausland erzielt wurden.
Soweit mit einem Land kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, können die Einkünfte dennoch steuerfrei nach dem sog. Auslandstätigkeitserlass (v. 31.10.1983, BStBl I, 470) sein.
Darüber hinaus werden zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und des danach anzuwendenden Steuersatzes auch andere steuerfreie Einkünfte und Lohnersatzleistungen berücksichtigt.
Achtung Fehlerrisiko: Einkünfte die nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen
1. Gründungszuschuss
Der Gründungszuschuss der gem. Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit Existenzgründern nach § 57 SGB (Sozialgesetzbuch) Drittes Buch (SGB III) gewährt wird, ist gem. § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei und unterliegt auch nicht dem Progressionsvorbehalt gem. § 32b EStG.
Stand: Dezember 2014