Mit einer Reihe von Vorschriften regelt der Gesetzgeber die finanzielle und steuerliche Begünstigung von Kindern. Personen/Eltern mit Kindern ohne eigenes Einkommen sind gegenüber Personen ohne Kinder in ihrer Leistungsfähigkeit gemindert. Insbesondere auch zur Förderung von Familien mit Kindern und damit auch zur Absicherung des Fortbestandes der Gesellschaft, beschäftigt sich der Gesetzgeber alljährlich mit der Suche und Optimierung von Möglichkeiten zur Familienförderung. Dies unter der Überschrift „Familienlastenausgleich“.
Ziel ist die Absicherung des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung (§ 31 EStG = Einkommensteuergesetz) und die finanzielle Entlastung von Familien mit Kindern. Die Regelungen können in direkte finanzielle Begünstigungen, wie der Zahlung von Kindergeld, Kindergeldzuschlag, Elterngeld und in steuerliche Vergünstigungen aufgeteilt werden. Direkte finanzielle Begünstigungen kommen zu 100 % bei den betroffenen Personen an und stehen damit als Geldmittel vollumfänglich zur Abdeckung des Lebensbedarfes zur Verfügung. Dies im Gegensatz zu steuerlichen Vergünstigungen. Steuerliche Vergünstigungen führen nur zu einem Vorteil wenn überhaupt aufgrund des vorhandenen Einkommens Steuern anfallen. Im Klartext erhalten damit insbesondere Besserverdienende einen höheren Vorteil als Geringverdienende.
Anspruchsberechtigte auf kindbedingte Steuervergünstigungen und Kindergeld sind Eltern, die im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder aus anderen Gründen im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Für Ausländer, die nicht unter die Freizügigkeitsregelungen fallen, nicht arbeitsberechtigt sind und nur über eine beschränkte Aufenthaltsgenehmigung verfügen, gelten Sonderregelungen (vergl. § 62 EStG).
Kindergeld, Kinderfreibetrag u.a. kindbedingte Steuervergünstigungen werden ohne weitere altersbedingte Einschränkungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt. Darüber hinaus wird bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Kindergeld gewährt für bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete arbeitssuchende Kinder und bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres für in Ausbildung befindliche Kinder. Das Ausbildungsverhältnis endet nicht mit dem Ablegen der Prüfung, sondern an dem Termin, an dem das Ausbildungsverhältnis laut Ausbildungsvertrag endet oder zu dem der Ausbildungsvertrag aufgehoben wurde (BFH-Urteil vom 14.09.2017 III R19/16). Für Kinder, die bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres aufgrund einer Körperbehinderung außerstande sind sich selbst zu unterhalten, kann auch über das 25. Lebensjahr hinaus Kindergeld gewährt werden.
Kindergeld: Das monatliche Kindergeld beträgt ab dem 01.01.2023 für jedes Kind einheitlich jeweils 250 €/Monat. 2021 und 2022 betrug das Kindergeld für das erste und zweite Kind je 219 €/Monat, für das dritte Kind 225 €/Monat, für das vierte und jedes weitere Kind je 250 €/Monat
Über die Gewährung von Kindergeld und Kinderzuschlag entscheidet die Familienkasse (Bundesagentur für Arbeit) mit Bescheid. Familienkassen sind Teil der Finanzverwaltung und mit den gleichen Ermittlungspflichten und Befugnissen ausgestattet. Das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) gilt nachrangig zu den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes für besondere Fälle. Soweit die Kinder im Ausland leben, beschränken sich die kindbedingten Vergünstigungen auf die Lebensverhältnisse im Ausland (Ländergruppenaufteilung).
Der Kindergeldantrag ist schriftlich nach dem amtlichen Formblatt bei der zuständigen Familienkasse zu stellen. Wichtig: Seit 2018 wird das Kindergeld nur noch für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, indem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist (§ 5 Bundeskindergeldgesetz). Bis zum 31.12.2017 konnte das Kindergeld auch rückwirkend innerhalb der vierjährigen Festsetzungsverjährung (§ 169 AO) beantragt werden. Wird ein Kindergeldbescheid nachträglich zum 1. Januar eines abgelaufenen Jahres aufgehoben, so kann gegen diesen Bescheid innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist ggf. Einspruch eingelegt werden. Der Bescheid entfaltet keine Rechtswirkung für die Folgejahre (es sei denn, die betreffenden Jahre sind in dem Bescheid aufgeführt). Haben sich die Anspruchsbedingungen geändert, kann damit ggf. für das Folgejahr ein neuer Antrag auf Kindergeld gestellt werden (vergl. BFH v. 26.11.2009 Az. III R 87/07).
Das Thema Kindergeld ist ein komplexer Bereich mit vielen Ausnahme- und Sondertatbeständen. Hierzu gehören Themen wie die Anspruchsvoraussetzungen, Pflegekinder, behinderte Kinder, Kinder im Ausland. Sachliche und örtliche Zuständigkeiten, Verfahrensgrundsätze und Fallbeispiele. Detaillierte Informationen sind hierzu in der Dienstanweisung zum Kindergeld des Bundesministeriums der Finanzen (Kindergelderlass) zu finden. Dieser wird regelmäßig im Internet veröffentlicht.
Kindergeldzuschlag: Neben dem Kindergeld kann für einkommensschwache Familien ein Kinderzuschlag gewährt werden. Der Kindergeldzuschlag bietet Eltern mit geringem Einkommen eine zusätzliche finanzielle Unterstützung. Das Einkommen der Eltern (Bruttoeinkommen) muss mindestens 900 € und bei allein Erziehenden 600 € betragen und es darf die Einkommenshöchstgrenze nicht übersteigen. Die Einkommenshöchstgrenze wird in einer komplexen Berechnung nach dem Bedarf der Eltern ermittelt. Der Kindergeldzuschlag beträgt pro Kind bis zu 250 € (bis 2022: 229 €) monatlich. Die tatsächliche Höhe hängt jedoch vom Einkommen und Vermögen des Antragstellers ab. Nähere Informationen hierzu können auf der Homepage der Arbeitsagentur (www.arbeitsagentur.de) und dem Merkblatt zum Kindergeldzuschlag entnommen werden.
Auch im Rahmen der Riesterförderung werden Familien mit Kindern zusätzlich durch eine höhere Zulage begünstigt (§ 85 EStG).
Ebenso wird auf Antrag junger Eltern Elterngeld von monatlich 300 € bis maximal 1.800 € für maximal 14 Monate gewährt (BEEG Elterngeldgesetz).
Neben den hier beschriebenen direkten finanziellen Förderungen bestehen eine Vielzahl von Steuervergünstigungen für Eltern mit Kindern. Wie bereits dargelegt, wirken sich Steuervergünstigungen jedoch nur finanziell aus, soweit aufgrund der Höhe des Einkommens auch Steuern anfallen. Aufgrund der steigenden Progression der Steuersätze liegen die steuerlichen Vorteile damit bei Besserverdienenden höher als bei Geringverdienenden.
Starten wir mit dem Kinderfreibetrag (§ 32 Abs.6 EStG). Für jedes zu berücksichtigende Kind der Steuerpflichtigen wird als Betrag zur Sicherung des Existenzminimums im Jahr 2023 ein Freibetrag in Höhe von 3.012 € (2022: 2.810 €) und ein weiterer Freibetrag für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung ein Freibetrag in Höhe von 1.464 € gewährt. Bei zusammenveranlagten Elternteilen verdoppeln sich damit die Beträge.
Wichtig: Auf die genannten Freibeträge wird jedoch das Kindergeld angerechnet.
Beispiel: Die Eltern eines Kindes erhielten im Veranlagungsjahr Kindergeld 12 x 219 € = 2.628 €. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 wird ein Kinderfreibetrag in Höhe von 8.548 € (2.810 € + 1.464 € je Elternteil = 8.548 €) gewährt. Setzt man das erhaltene Kindergeld (2.628 €) in das Verhältnis zum Kinderfreibetrag (8.548 €) kommt es zu einem Anteil von 30,74 %. Der persönliche Steuersatz der zusammenveranlagten Eltern muss damit bezogen auf den Kinderfreibetrag über 33 % liegen, um eine zusätzliche finanzielle Vergünstigungen zu erhalten. Beträgt die Steuerbelastung beispielsweise 40 % kommt es zu einer steuerlichen Entlastung durch den Kinderfreibetrag von 40 % bezogen auf 8.548 € = 3.419 €. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung werden die Eltern damit mit weiteren 691 € (3.419 € – 2.628 €) entlastet.
Zum Sonderproblem „Übertragung von Kinderfreibeträgen“ finden Sie unsere Ausführungen am Ende dieser Textseite. Der Eintrag des Kinderfreibetrags in die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ist nur noch zur Minderung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer sowie zur Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende erforderlich. BEACHTE: Bei Beamten ist die Gewährung der Kinderzuschüsse davon abhängig.
Nun zunächst eine Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge der gängigsten kindbedingten Steuervergünstigungen:
Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs.2 EStG) für volljährige Kinder in Ausbildung bei auswärtiger Unterbringung,
Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) mit abgesenkter Zumutbarkeitsgrenze,
Behindertenpauschbetrag für behinderte Kinder (§ 33b EStG), je nach Grad der Behinderung von 384 € bis 7.400 €
Elterngeld (BEEG) wie beschrieben,
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ab Veranlagungszeitraum (VZ) 2023 in Höhe von 4.260 € (VZ 2020, 2021 und 2022: 4.008 €) zuzüglich 240 € für jedes weitere Kind (§ 24b EStG),
Kinderfreibetrag (§ 32 EStG) wie beschrieben,
Kindergeld (§ 62 EStG, BKGG = Bundeskindergeldgesetz) wie beschrieben,
Kindergeldzuschlag (§ 6a BKGG) wie beschrieben,
Kinderbetreuungskosten für Kinder unter 14 Jahren bis zu 4.000 € je Kind (§ 10 Abs.1 Nr.5 EStG) und steuerfreie Kostenübernahme für Betreuungskosten durch den Arbeitgeber (§ 3 Nr.33 und Nr. 34a EStG),
Kirchensteuerminderung durch Berücksichtigung des Kinderfreibetrages,
Pflegepauschbetrag wegen der Pflege eines behinderten Kindes (§ 33b Abs. 6 EStG),
Riesterförderung (§ 85 EStG) wie beschrieben,
Solidaritätszuschlag gemindert durch Berücksichtigung des Kinderfreibetrages (§ 4 SolzG),
Schulgeld für Privatschulen als staatlich anerkannte Ersatzschule (§ 10b Abs.1 Nr.9 EStG),
Umzugskosten können nach dem Bundesumzugskostengesetz bei beruflicher Veranlassung für Familien mit Kindern höher berücksichtigt werden,
Unterhaltsleistungen an Kinder für die kein Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag besteht (§ 33a Abs.1 EStG).
Eine weitere interessante Förderung für Familien mit Kindern wird durch den Gesetzgeber im Rahmen der Familienförderung durch den Arbeitgeber geboten. Grundvoraussetzung für solche Leistungen ist es, dass für diese kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers besteht und sie damit zusätzlich zum Arbeitslohn erbracht werden (BFH 19.09.2012 – VI R 54/11 / BMF 22.05.2013 IV C 5 S 2388/11/10001-02). Die Leistungen dürfen nicht auf den Arbeitslohn angerechnet werden und eignen sich damit für Arbeitgeber hervorragend um einmalige oder zeitlich befristete Zusatzvergütungen zur Motivation des Arbeitnehmers zu gewähren.
Aufwendungen für die Unterbringung von nicht schulpflichtigen Kindern in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen kann der Arbeitgeber zu 100 % und in unbegrenzter Höhe steuerfrei übernehmen (§ 3 Nr. 33 EStG). Dies umfasst die Aufwendungen für die Unterbringung, Betreuung und Verpflegung des Kindes. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Unterbringung und Betreuung in betrieblichen oder außerbetrieblichen Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen wie Schulkindergärten, Kindertagesstätten, Kinderkrippen, Tagesmütter, Wochenmütter und Ganztagspflegestellen erfolgt. Die Einrichtung muss zur Unterbringung und Betreuung von Kindern geeignet sein. Die alleinige Betreuung im Haushalt, z. B. durch Kinderpflegerinnen, Hausgehilfinnen oder Familienangehörige, genügt nicht. Leistungen zur Übernahme von Beförderungskosten oder zur Vermittlung von Lerninhalten (Unterricht) gehören nicht zu den hier begünstigten Aufwendungen. Die Leistungen des Arbeitgebers bleiben bis zur Einschulung des Kindes steuerfrei (vergl. LStR 2021 R 3.33 Abs. 3 Satz 4).
Für die kurzfristige Betreuung eines Kindes für das Kindergeld gewährt wird und dass das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, können vom Arbeitgeber bis zu 600 € im Jahr steuerfrei gezahlt werden (§ 3 Nr. 34a Buchstabe b EStG). Voraussetzung ist hier, dass die Betreuung beruflich veranlasst ist. Typischer Fall ist die Betreuung eines erkrankten Kindes, das wegen der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers nicht von diesem betreut werden kann. Die Betreuung kann auch im Haushalt des Arbeitnehmers durch eine hierzu beauftragte Person stattfinden. Der Höchstbetrag von 600 € für die Arbeitgeberleistungen an den Arbeitnehmer gilt unabhängig von der Zahl der tatsächlich betreuten Kinder.
Pauschale Zahlungen des Arbeitgebers an ein Dienstleistungsunternehmen, das sich verpflichtet, alle Arbeitnehmer des Auftraggebers kostenlos in persönlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu betreuen, beispielsweise durch die Übernahme der Vermittlung von Betreuungspersonen für Familienangehörige, sind nach den Lohnsteuerrichtlinien 2021 (LStR 2021 R 19.3 Abs. 2 Nr. 5) steuerfrei möglich.
Auch individuelle Beratungs- und Vermittlungsleistungen eines Dienstleistungsunternehmens, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern (§ 3 Nr. 34a Buchstabe b EStG) können vom Arbeitgeber steuerfrei – ohne Betragsgrenze – ersetzt werden. Auch bei den Vergütungen im öffentlichen Dienst (Beamte) spielen Kinder eine Rolle. Hierzu muss der Kinderfreibetrag bei den Lohnsteuerabzugsmerkmalen eingetragen sein.
Sonderproblem: Übertragung von Kinderfreibeträgen
Eine Übertragung des vollen Kinderfreibetrags ist nur noch in zwei Fällen möglich:
1. Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG kann bei Elternteilen, die nicht die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen, ein Elternteil den Freibetrag auf den anderen Elternteil übertragen, wenn nicht er, sondern der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung im Wesentlichen nachkommt. Das heißt, der Elternteil, der alleine seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt, kann unter vorgenannter Voraussetzung den vollen Kinderfreibetrag beanspruchen. Wer finanziell nicht leistungsfähig ist (Sozialhilfeempfänger etc.) wird so behandelt, als komme er seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nach. Damit ist eine Übertragung des Kinderfreibetrages und Nutzung des steuerlichen Vorteils beim anderen Elternteil möglich.
Praktische Fälle hierzu:
a) Eltern, die im eheähnlichen Verhältnis zusammenleben und bei denen nur ein Elternteil berufstätig ist
b) Alleinerziehende, die vom anderen Elternteil keinerlei Unterhaltsleistungen für das Kind erhalten
2. Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 10 EStG kann der Freibetrag auch auf Stiefeltern oder Großeltern übertragen werden, soweit sie das Kind in ihrem Haushalt aufgenommen haben. Dies kann mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen. Ein Widerruf ist nur für zukünftige Veranlagungszeiträume möglich. Eine Doppelberücksichtigung von Kinderfreibeträgen bei Pflegeeltern und den leiblichen Eltern ist gem. § 32 Abs. 2 EStG ausgeschlossen.
Wie hier zu erkennen ist, ist die Thematik kindbedingte Vergünstigungen sehr umfassend und teilweise unüberschaubar. Insoweit ist auch hier bereits fachlicher Rat gefragt.
aktualisiert: Februar 2023