Die Sprüche an Biertischen, in Talkshows oder von vermeintlichen Kennern: „Der kann das von der Steuer absetzen.“ oder „Der kann das voll abschreiben.“ sind irreführend und falsch.
Zum besseren Verständnis dieser Aussage, hier einige möglichst einfach dargestellte Informationen: Nehmen wir einen Hausbesitzer der Vermietungseinkünfte erzielt und nach Abzug seiner Ausgaben einen Überschuss von 10.000 € im Jahr erwirtschaftet. Bei einer Steuerbelastung von 30 % sind somit 3.000 € an Steuern fällig (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, eventuell Kirchensteuer). Trifft der Hauseigentümer die Entscheidung Renovierungsarbeiten von 6.000 € zusätzlich durchzuführen, reduziert sich sein Überschuss von 10.000 € auf 4.000 €. Damit fallen Steuern von 30 % auf 4.000 € = 1.200 € an. Die Steuerlast hat sich somit von 3.000 € auf 1.200 € reduziert. Die Steuerersparnis aufgrund einer Investitionen von 6.000 € beträgt demgemäß 30 % gleich 1.800 €. Damit wird verdeutlicht, dass nicht die gesamten Reparaturaufwendungen von der Steuerlast abgezogen werden können, sondern nur der Anteil an Steuern, im Beispielfall 30 %.
Noch schlechter sieht es in dem Fall aus, dass überhaupt kein Gewinn erwirtschaftet wird und somit keine Steuern anfallen. Liegt das steuerpflichtige Einkommen des Bürgers so niedrig, dass keine Steuern anfallen (bei Alleinstehenden ca. 10.000 €), dann bleibt die Last der zusätzlichen Reparaturaufwendungen von 6.000 € in voller Höhe beim Hausbesitzer und es entsteht kein Steuervorteil.
Insoweit ist klar, dass die Behauptung „Der kann das von der Steuer voll absetzen.“ in keinem Fall zutrifft und vollständig irreführend ist. Selbst bei einem höchstmöglichen Steuersatz von knapp 50 % kann somit nur ein Steuervorteil von 50 % der getätigten Aufwendungen entstehen und die anderen 50 % muss der Betroffene selbst tragen. Auch private Hauseigentümer, die für Renovierungsarbeiten an ihrem privat genutzten Haus 20 % der Lohnaufwendungen von der Steuer absetzen können, gehen leer aus, wenn aufgrund ihrer niedrigen Einkünfte (Beispiele Rentner) überhaupt keine Steuern anfallen.
Genauso irreführend ist die Aussage „Der kann das voll abschreiben“.
Nehmen wir beispielsweise wieder einen Hauseigentümer der Vermietungseinkünfte erzielt und einen Überschuss von 10.000 € erwirtschaftet. Einfach dargestellt sind am Jahresende 10.000 € auf seinem Hauskonto übrig. Bei einem Steuersatz von 30 % würden hier wieder 3.000 € an Steuern anfallen (siehe unser vorgenanntes Beispiel). Hätte der Hauseigentümer sich entschlossen für seine vermietete Wohnung Einbaumöbel/Einbauküche anzuschaffen, so könnte er die Aufwendungen über die Nutzungsdauer der Küche abschreiben. Im vereinfachten Beispiel bedeutet dies, das für die Anschaffung einer Küche von 10.000 €, die Anschaffungskosten auf zehn Jahre zu verteilen sind. Damit kann der Hauseigentümer im ersten Jahr maximal 1.000 € (10 %) als Aufwendungen geltend machen. Wurde die Küche erst zu Mitte des Jahres angeschafft, z.B. zum 1. Juli, so kann er nur die Hälfte der Abschreibung für ein Jahr (zeitanteilig nach Monaten) steuermindernd geltend machen. Dies wären im Beispielfall 500 €.
Noch deutlicher wird das Problem bei Betrachtung der Liquiditätsrechnung des Hauseigentümers. Hatte er nur zunächst 10.000 € auf dem Konto übrig, so beträgt der Kontostand nach Anschaffung der Einbauküche von 10.000 €, gleich 0 €. Steuerlich betrachtet hat der Hauseigentümer einen steuerpflichtigen Überschuss von 10.000 € abzüglich der nun geltend gemachten Abschreibung von 500 € gleich 9.500 € erwirtschaftet. Auf die 9.500 € werden 30 % Steuern, somit 2.850 €, fällig. Über diesen Betrag müsste unser Hauseigentümer einen Kredit aufnehmen, da hierzu auf seinem Konto keine Mittel mehr zur Verfügung stehen.
Diese Regelungen gelten genauso für Unternehmer. Auch hier können sich in der Praxis ganz diffuse Fallbeispiele ergeben. Dies liegt daran, dass der Gesetzgeber zur Erhöhung seiner steuerlichen Einnahmen teilweise die Abschreibungsdauer verlängert hat und im Ergebnis der Buchwert der Investitionen im Einzelfall über dem Zeitwert liegt.
Hierzu ein vereinfachtes Beispiel:
Ein Unternehmer erwirtschaftet einen Gewinn von 100.000 €. Bei einer Steuerlast von 30 % fallen hier 30.000 € Steuern an. Hätte sich der Unternehmer entschlossen seine Büroeinrichtung/Ladeneinrichtung zu erneuern und hierfür 100.000 € aufzuwenden, so wäre sein Bankkonto gelehrt. Steuerlich betrachtet ist die Investitionen auf acht Jahre zu verteilen, d.h. in gleichen Beträgen abzuschreiben. Die jährliche Abschreibung beträgt somit 12.500 €. Der Unternehmensgewinn wird dadurch von 100.000 € auf 87.500 € gemindert. Obwohl das Unternehmerkonto leer ist, fallen somit 30 % Steuern auf 87.500 € = 26.250 € an. Hierfür müsste der Unternehmer einen Kredit aufnehmen.
Noch kritischer ist die Bilanz des Unternehmers zu sehen. Dort steht am 31. Dezember des Investitionsjahres als Vermögen der Restbuchwert der Ladeneinrichtung mit 87.500 €. Würde das Unternehmen zum Bilanzstichtag in Insolvenz gehen, wäre für die montierte Ladeneinrichtung vielleicht noch ein Erlös von 10 % der ursprünglichen Investitionen und damit 10.000 € zu erzielen und nicht die in der Bilanz ausgewiesenen 87.500 €. Hier besteht ein objektives Risiko der Überbewertung der Vermögen von Unternehmen aufgrund überlanger Abschreibungszeiten.
Besser wäre eine Lösung mit Abschreibungen in fallenden Jahresbeträgen (degressive Abschreibung: z.B. mit 30 % im ersten Jahr). Diese würde im Erstjahr eine hohe Abschreibung ermöglichen, um möglichst nah an den Zeitwert der Investitionen zu kommen. Aber diese in der Vergangenheit bestehenden Regelungen wurden vom Gesetzgeber zur Erhöhung seiner Steuereinnahmen vor einigen Jahren abgeschafft.
Autor: Dieter P. Gonze, Steuerberater
20.03.2018