Die Besteuerung der Bezüge ehrenamtlicher Volksvertreter

Ehrenamtliche Träger eines politischen Mandats wie Mitglieder eines Gemeindeparlaments, Stadtverordnete, Mitglieder des Kreistages und ähnlicher Parlamente, erhalten pauschale Aufwandsentschädigungen (Sitzungsgelder) und Reisekostenersatz nach den Bestimmungen des jeweiligen Landesrechts, Kommunalrechts und den hierzu ergangenen Erlassen und Verordnungen.

1. Aufwandsentschädigungen

Aufwandsentschädigungen stellen ein Leistungsentgelt dar. Die Zahlungsempfänger sind verpflichtet, die erhaltenen Bezüge in ihrer Einkommensteuererklärung zu erklären. Ebenso sind die Leistungsträger, die Kommunen, nach der Mitteilungsverordnung verpflichtet, die Zahlungen an die Finanzverwaltung zu melden, soweit diese 1.500 € im Jahr übersteigen. Bei den Aufwandsentschädigungen der ehrenamtlichen Volksvertreter handelt es sich steuerlich betrachtet um Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit gem. § 18 Abs.1 Nr.3 EStG (Einkommensteuergesetz).

Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind die Aufwandsentschädigungen steuerfrei, soweit diese zur pauschalen Abgeltung von Aufwendungen und nicht als Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden. Dies führt in der Praxis zu Aufteilungsproblemen für den Steuerpflichtigen, seinen Berater und häufig auch für die Finanzverwaltung. Es kommt zu fehlerhaften Besteuerungen.

Gesetzeswortlaut: § 3 Nr. 12 EStG „1aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. 2Das Gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen;“

Im konkreten Einzelfall ist zunächst zu prüfen, um welche Aufwandsentschädigungen es sich handelt und ob diese unter die Gesetzesnorm des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG fallen.

1. Frage: Als Aufwandsentschädigung gezahlte Bezüge aus einer öffentlichen Kasse?

Hierzu sind die entsprechenden Bescheinigungen der jeweiligen Gebietskörperschaft (Kommune, aber auch Zweckverbände etc.) vorzulegen.

2. Frage: Inwieweit handelt es sich um eine steuerfreie Aufwandsentschädigung und greift damit die Steuerfreiheit gem. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG?

Die Finanzverwaltung hat die Pflicht zu überprüfen, inwieweit es sich bei den gezahlten Aufwandsentschädigungen um steuerpflichtige Bezüge handelt. Zur Klärung dieser Frage geben die Lohnsteuerrichtlinien unter R 3.12 Abs. 3 der Finanzverwaltung folgende Vorgaben:

Sind die Anspruchsberechtigten und der Betrag oder auch ein Höchstbetrag der aus einer öffentlichen Kasse gewährten Aufwandsentschädigung durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt, ist die Aufwandsentschädigung bei hauptamtlich tätigen Personen in voller Höhe steuerfrei und bei ehrenamtlich tätigen Personen in Höhe von 1/3 der gewährten Aufwandsentschädigungmindestens 200 € monatlich steuerfrei.

Wichtig: Der Freibetrag bezieht sich auf die Tätigkeiten für eine Körperschaft. Erfolgen Tätigkeiten für mehrere Körperschaften, beispielsweise einmal für ein Stadtteilparlament (Ortsbeirat) und zum anderen für das Stadtparlament (Stadtverordnetenversammlung), so wird der Freibetrag jeweils für die Aufwandsentschädigung der betreffenden Institution gewährt (im Beispielfall dann zwei Mal). Steuerpflichtige, die zeitgleich Mitglied mehrerer kommunaler Vertretungen sind, erhalten damit den Steuerfreibetrag für die jeweilige Aufwandsentschädigung nebeneinander, maximal nur bis zur Höhe der jeweils tatsächlich gezahlten Aufwandsentschädigung. Die Zusammenrechnungsvorschrift in den Lohnsteuerrichtlinien R 3.23 Abs. 3 Satz 6 ist hier nicht anzuwenden.

Tatsächlich gelten gemäß Ländererlassen und sonstige Verordnungen teilweise deutlich höhere Freibeträge.

Beispiel: Gem. Erlass des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 09.06.2009 – S 2337A – 001 – II 3b

Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG

(gültig ab VZ 2021)

1.

Ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeinde / Stadtvertretung

bis zu Einwohnern:

monatlich

jährlich

20 000

125,00 €

1.500,00 €

20 001 bis 50 000

199,00 €

2.388,00 €

50 001 bis 150 000

245,00 €

2.940,00 €

150 001 bis 450 000

307,00 €

3.684,00 €

mehr als 450 000

367,00 €

4.404,00 €

Hinweis:

Die genannten Beträge sind zu vervielfältigen:

a) Amtsvorsteher..

um das Dreifache

b) Stellvertreter..

um das Doppelte

c) Fraktionsvorsitzende

um das Doppelte

2.

Mitglieder des Kreistags

Landkreis bis 250.000 EW

204,00 €

2.448,00 €

mehr als 250.000 EW

256,00 €

3.072,00 €

Wichtig:

  1. Die Steuerfreibeträge beziehen sich auf das konkrete Mandat. Für bestimmte Amtsträger werden abweichende Freibeträge nach dem jeweiligen Landesrecht gewährt. Diese sind ggf. über den Mandatsträger anzufordern, aber auch über die Landesfinanzbehörde, über die Finanz-/Gemeindebehörden oder einfach über das Internet zu erlangen.
  2. Unabhängig von der Tabelle bleiben mindestens 1/3 der Aufwandsentschädigung,  mindestens jedoch 200 € je Monat steuerfrei! (LStR R 3.12 Abs. 3)
  3. Nicht ausgenutzte Monatsbeträge werden kumuliert.
  4. Unterjährige Mandatsträgerschaften (Mitgliedschaften in den jeweiligen Gremien) sind zeitanteilig (nach Monaten) zu berechnen.
  5. Mit der Gewährung des steuerfreien Betrages der Aufwandsentschädigung sind alle Aufwendungen – bis auf die Reisekosten – des Mandatsträgers abgegolten. Soweit die sonstigen Aufwendungen die Freibeträge übersteigen, können diese geltend gemacht werden.
  6. Die jeweiligen Sonderregelungen nach Landes-/Kommunalrecht sind zu beachten. Für die ehrenamtlichen Mitglieder von Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbänden etc. gelten i.d.R. die gleichen Freibeträge wie für die Gemeindevertreter.

2. Reisekosten / Fahrtkostenersatz

Neben der Aufwandsentschädigung erhält der Mandatsträger im Einzelfall Reisekostenersatz. Dieser bleibt steuerfrei, soweit die Reisekostenvergütungen nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes oder dem entsprechenden Landesgesetz gewährt werden (§ 3 Nr. 13 EStG). Werden beispielsweise 0,35 € je gefahrenen KM an Fahrtkosten gewährt, so bleiben diese steuerfrei obwohl der allgemeine steuerliche Pauschbetrag (§ 5 Abs. 2 BRKG) für Dienstreisen im eigenen Pkw nur 0,30 € je Kilometer beträgt.

Für Fahrten mit dem eigenen Pkw kann neben den Steuerfreibeträgen für Aufwandsentschädigungen die KM-Pauschale geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für die Pauschsätze für Verpflegungsmehraufwendungen.

Stand Oktober 2021

 

Fundstellen:

Einkommensteuergesetz: EStG: § 3 Nr. 12, § 3 Nr. 13, § 18 Abs. 1 Nr. 3

Lohnsteuerrichtlinien LStR: R 3.12 Abs. 3

MV – Mitteilungsverordnung (Verordnung über Mitteilungen an die Finanzbehörden durch andere Behörden und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten)

Erlasse der jeweiligen Landesfinanzbehörden oder Mitteilungen der Kommunen zu den steuerfreien Beträgen der Aufwandsentschädigungen:

Hessen: Erlass Hess. Fin.Min. Staatsanzeiger S 2337 A-60 – II B

Niedersachsen: RdErl. d. MF v. 16.7.2009 – S 2337-8-3341 (Nds.MBl. Nr.33/2009 S.732)

Schleswig-Hollstein: Amtsblatt Schl.-H. 2009 S. 1126

und weitere gleichlautende Ländererlasse

Die nachfolgenden Links, Infos + Texte stellen keine Rechtsberatung dar. Bei Erstellung der Texte haben wir uns bemüht, eine auch für Nichtsteuerfachleute verständliche Ausdrucksweise zu wählen. Dies geht teilweise zu Lasten einer am Gesetzeswortlaut orientierten Präzision. Für die Inhalte kann trotz größtmöglicher Sorgfalt keinerlei Gewähr übernommen werden. Bitte sprechen Sie über Konkretes mit dem Berater Ihres Vertrauens oder gerne auch mit uns.